Von Einem, der auszog uns Guerilla zu lehren
Der fremde Planet.
Grüne Männchen in der Stadt |
Vor ein paar Monaten
bekam ich eine Einladung zu einem IHK Workshop. Thema: Guerilla Marketing. Ein
Dozent aus Berlin! Das weckte natürlich meine Aufmerksamkeit. Vielleicht lernt
man ja was neues, schließlich kommt der Dozent aus Berlin! Und wer aus unserer
schönen Hauptstadt kommt, kann ja nur ein Profi sein. Ich hatte allerdings so
eine Vorahnung..
Der Vortrag fand in
Kyritz statt. Eine brandenburgische Kleinstadt. Ziemlich weit ab vom Schuss. Kaum
noch wirtschaftliche Kraft. Kein Wunder also, dass der Dozent aus der Großstadt
von Beginn an merkwürdig fehl am Platz wirkte…
Im Laufe der Veranstaltung
bestätigte sich meine Vorahnung. Der Mann hatte Ahnung von seinem Fach, aber
davon, wie es auf dem Land abläuft, hatte er keinen Schimmer.
Als Beispiele für
Guerilla Aktionen wurden große Installationen an Hochhäusern gezeigt. (Toll, aber was hat das mit mir hier in
Kyritz zu tun??) Es wurde über Addidas und Nike gesprochen und über Werbebudgets
um die 500.000 Euro. (Wenn ich soviel
Geld hätte, würde ich hier nicht sitzen..) Bis hierhin große Augen und
skeptische Blicke vom Publikum. Und dann stellte er die entscheidende Frage: „Wo
habt ihr hier denn eure nächste Mall?“ Komplette Verwirrung von Seiten des
Publikums. Eine bitte was?! Spätestens an diesem Punkt fühlte sich der arme
Dozent wie auf einem fremden Planeten.
„Also hier um die Ecke haben wir einen größeren Baumarkt“, bot sich einer der Anwesenden an, die unangenehme Stille zu füllen. Tja, das ging dann mal nach hinten los, mit dem Experten aus der Großstadt.
„Also hier um die Ecke haben wir einen größeren Baumarkt“, bot sich einer der Anwesenden an, die unangenehme Stille zu füllen. Tja, das ging dann mal nach hinten los, mit dem Experten aus der Großstadt.
Die Lösung.
Guerilla-Blumenaktion der perlenmädchen |
Die Unternehmer aus
Kyritz konnten mit dem Vortrag wenig anfangen. Die gezeigte Welt ist einfach zu
weit weg von ihrer eigenen. Die Beispiele wären hier niemals umsetzbar. Wer hat
schon so ein Werbebudget? Kurz bevor die Menschen die Idee des Guerilla
Marketings verteufelten und den Berliner Experten mit brennenden Fackeln und
Mistgabeln aus der Stadt jagten, schritt ich ein.
„Wartet mal!
Guerilla auf dem Land ist tatsächlich machbar! Und zwar kostengünstig und
effektiv.“ Ich berichtete von unserer 300 Euro teuren Fahndungsaktion, durch
die wir über Nacht bekannt wurden. Über die Vorteile von Sprühkreide auf Gehwegen. Über grüne Männchen, die über Marktplätzen sprangen und die Presse
nur so anlockten. Ich zeigte, wie wir mit unserer Aktion „Wir lassen Ideen wachsen“ Plätze und Wiesen in Wittstock in bunte Blütenpracht tauchten.
Fazit: Der Dozent kam sicher nach Hause, das Guerilla Marketing Image war
wieder hergestellt und die IHK bot uns an, auf gemeinsame Vortragstour durch
Brandenburg zu gehen.Mit Kompetenz gehen Vorurteile.
Warum wurde einer aus der
Großstadt überhaupt auf die allgemeine Landbevölkerung losgelassen? Ganz
einfach: Weil der was kann. Was können muss! Er ist schließlich aus Berlin. Während unserer 6 Jahre als perlenmädchen stolperten wir immer wieder über diese
Vorurteile. Unternehmer auf dem Land sind weniger erfahren, sind nicht
besonders kompetent, arbeiten mit veralteten Methoden, sind nicht up to date. Besser
jemanden aus der Großstadt einkaufen. Oft herrschte ungläubiges Stauen am
Telefon, wenn ich auf unseren Firmensitz zu sprechen kam. „Sie sitzen in
Wittstock? Aber Sie klingen doch so professionell!“
Unsere Postkarten gegen Vorurteile |
Diese Vorurteile sind
leider auch in den eigenen Reihen vertreten. Die Stadt Neuruppin lies zum
Beispiel ihr Standortmarketingkonzept von Marketingprofis aus der Großstadt
anfertigen. Der Prophet ist im eigenen Land eben nichts wert. Doch die
ansässigen Unternehmer sind eigentlich die wahren Experten! Sie kennen die hier
herrschenden Bedingungen, kennen die Möglichkeiten und die ungeschriebenen
Regeln der Region. Sie kennen die Menschen und wissen wie sie ticken. Um
wirtschaftsschwache Regionen zu fördern, ist es wichtig, dass alle gemeinsam ein einem
Strang ziehen. Das Geld sollte in der Region bleiben, statt teure Experten aus
der Fremde zu finanzieren. Also ihr Brandenburger Unternehmer, haltet zusammen,
steht auf und zeigt stolz eure Kompetenzen! Wir wissen was ihr drauf habt und
dass ihr euch hinter der Konkurrenz aus Berlin nicht verstecken müsst! Jetzt
wird es Zeit, dass ihr es auch allen anderen zeigt!