Geboren um zu Sterben – Ein Werbekrimi (II)
Fortsetzung...
Das zwitschernde Vögelchen
„Nadine! Komm mal her. Hier gibt es jemandem, mit dem du dich unterhalten
solltest“, rief Gitte mich über den Flur zu sich. Nach ein paar Schritten
betrat ich ein schlichtes Büro. Meine Partnerin und eine junge Frau warteten
dort auf mich.
„Ich habe mich bereits mit den Angestellten unterhalten. Die meisten
konnten wenig bis nichts zu der Sache sagen. Das Gespräch mit Frau Christina
Klein, der neuen Praktikantin von Pelotec, war da schon durchaus interessanter“,
informierte Gitte mich.
Daraufhin trat sie näher an die junge Frau heran und ging vor ihr in die
Hocke. „Erzähl meiner Partnerin einfach genau das, was du mir auch erzählt
hast“, ermutigte Gitte die Praktikantin und lächelte ihr aufmunternd zu.
„Also.. ich arbeite erst seit 2 Wochen hier. Ich hatte Angst meinen Job zu
verlieren“, stotterte sie nervös.
„Ganz ruhig Christina“, sagte ich. „Wieso hattest du Angst deinen Job zu
verlieren?“
„Naja, ich hab letzte Woche etwas in Mr. Andersons Büro entdeckt. Er wies
mich an, einige Unterlagen für ihn zu archivieren. Deshalb musste ich an den
großen Rollcontainer. Und da, ganz hinten in der Ecke…“, die Stimme der
Praktikantin wurde brüchig. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie schlug
ihre Hände vors Gesicht.
Gitte strich der jungen Frau langsam über den Rücken, bis sich das
Schluchzen legte. „Ist schon ok Christina, wir wissen wie furchtbar so eine
Erfahrung sein kann. Was hast du dann getan?“, fragte Gitte sie leise.
„Erst mal gar nichts. Ich war total geschockt und traute mich nicht, mit
irgendjemandem darüber zu reden. Ich bin erst neu hier und würde bestimmt
sofort gefeuert werden!
Aber nach ein paar Tagen wusste ich einfach, dass ich nicht damit leben könnte, die Sache nicht zu melden. Also habe ich mir das Handy eines Kollegen ausgeliehen, die Rufnummer-Übertragung deaktiviert und bei der Polizei angerufen.“
Aber nach ein paar Tagen wusste ich einfach, dass ich nicht damit leben könnte, die Sache nicht zu melden. Also habe ich mir das Handy eines Kollegen ausgeliehen, die Rufnummer-Übertragung deaktiviert und bei der Polizei angerufen.“
Verschämt senkte die junge Frau die Augen und starrte auf den grauen
Teppichboden zwischen ihren Füßen.
„Sie brauchen sich keine Vorwürfe zu machen, Christina. Es war richtig von
ihnen, den Fund zu melden“, beruhigte Gitte die immer noch sichtlich
verunsicherte Angestellte.
Auge in Auge
„Das erklärt so einiges“,
sagte ich zu meiner Partnerin. Wir verließen das kleine Büro und machten uns
auf den Weg zum Besprechungsraum, in dem Anderson auf uns wartete.
Ein Officer saß auf einem
Stuhl vor der riesigen Glastür und laß Zeitung. Ich räusperte mich und wartete
darauf, von dem Polizisten bemerkt zu werden. „Ja?“, fragte der betagte Kollege
barsch.
„Wir wollen mit Anderson
sprechen. Jetzt.“, ich deutete auf den Mann im maßgeschneiderten grauen Anzug
auf der anderen Seite der Tür.
„Das kann ja sein, aber
ich hab die Order niemanden zu diesem Typen zu lassen.“
Ich hielt ihm ohne ein
weiteres Wort meine Marke vors Gesicht. „Oh..“, stieß er erschrocken aus, stand
sofort auf und öffnete uns die Tür.
Wir betraten den hellen
Konferenzraum. Die Fensterfront bot eine ganz ansehnliche Sicht über die Stadt.
Dass Anderson nervös war, sah ich auf einen Blick. Der Mann schwitzte und
rutschte unruhig auf dem dicken Polsterstuhl herum.
„Guten Tag Herr Anderson.
Mein Name ist Special Agent Nadine Jürgen. Das ist meine Partnerin Special
Agent Gitte Michel. Wir sind von der Abteilung Gewaltverbrechen gegenüber
Werbemitteln“, sagte ich meine üblichen Einführungsworte auf.
„Ge..Ge..Gewaltverbrechen?
Aber, aber… ich habe doch nichts getan! Was wollen Sie überhaupt von mir?“,
stotterte der Angestellte mit bleichem Gesicht.
„In ihrem Büro wurde eine
Werbeleiche gefunden, Herr Anderson. Mich würde interessieren, ob Sie uns das
erklären können“, erwiderte ich völlig emotionslos.
„Sie meinen die uralte
Imagebroschüre? Wie haben Sie denn davon erfahren?“
„Das tut nichts zur
Sache, Herr Anderson.“ Langsam verlor ich die Geduld. „Wenn Sie uns nicht
sofort sagen, was wir wissen wollen, können wir Sie auch gern mit in einen
unserer Verhörräume nehmen. Und ich garantiere Ihnen, der hat nicht so eine
schöne Aussicht.“
„Ok, ok..“ Anderson
schlug die Augen nieder und starrte auf die Tischkante. Langsam und stockend
begann er schließlich zu reden. „Ich wollte den Chef beeindrucken. So einfach
ist das. Deshalb habe ich diese Imagebroschüre in Auftrag gegeben.“
Ich sagte nichts. In
einer Verhörsituation ist die Stille oft das wirksamste Mittel, um Menschen zum
Reden zu bringen.
Anderson machte zwar
immer wieder längere Pausen zwischen den Sätzen, aber schließlich erzählte er
uns alles.
„Unsere Kunden waren mir
völlig egal. Mir war nur wichtig, dass die Pelotec GmbH im besten Licht
dasteht“, flüsterte Anderson und begann leise zu schluchzen.
„Sie geben also zu, dass
Sie bei der Entwicklung der Broschüre nicht an den Nutzen für ihre Kunden
gedacht haben?“, fragte ich den zusammengekrümmten Mann auf der anderen Seite
des Tisches.
„Ja.“
„Wegen ihrem Egoismus wurde viel Geld zum
Fenster herausgeworfen. Statt ihrem Unternehmen zu helfen, haben Sie genau das
Gegenteil erreicht. Sie haben der Pelotec GmbH geschadet.
Nur gut, dass die
Broschüre so gut wie niemand zu sehen bekommen hat. Übersteigertes Eigenlob
kann dem Image eines Unternehmens erheblich schaden. Glück im Unglück,
Anderson.
Hatten Sie überhaupt einen
Plan, wie das Heft zu ihren Kunden gelangen sollte?“
„Darüber hatte ich mir
überhaupt keine Gedanken gemacht“, gestand Anderson kleinlaut.
Ich sah zu Gitte hinüber.
„Andre Anderson, wir verhaften Sie wegen vorsätzlichem Mord an einer Broschüre
und fahrlässiger Imageschädigung gegenüber der Pelotec GmbH. Sie haben das
Recht zu Schweigen. Alles, was Sie ab jetzt sagen, kann gegen sie verwendet
werden“, mit diesen Worten legte meine Partnerin dem Angestellten die
Handschellen an.
Epilog
„Ich bin froh, dass wir
den Fall so schnell aufklären konnten“, sagte ich zu Gitte als wir einige
Stunden später wieder bei Barneys saßen.
„Ich auch. Die Beweise
waren einfach zu erdrückend. Anderson blieb gar keine andere Wahl, als zu
gestehen.
Ich hab vorhin erfahren, dass der Praktikantin, Christina Klein, ein fester Job bei Pelotec angeboten worden ist. Der Chef war wohl ziemlich beeindruckt von ihrer Courage.“
Ich hab vorhin erfahren, dass der Praktikantin, Christina Klein, ein fester Job bei Pelotec angeboten worden ist. Der Chef war wohl ziemlich beeindruckt von ihrer Courage.“
„Ehrlich? Oh das freut mich aber. Wie hast du denn davon erfahren?“
„Ach, Officer Johansen,
der Hundeführer, hat mir vorhin eine Nachricht geschickt“, erklärte Gitte
ziemlich beiläufig.
Ich sah sie mit großen
Augen an. „Sag mal, was genau läuft da eigentlich zwischen dir und diesem Typen?“
Mit einem Lächeln auf den
Lippen begann sie zu erzählen.
ENDE
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